Shadow Banning in Sozialen Medien und Netzwerken wie Facebook
‘Shadow Banning’ oder ein ‘Shadowban’ auf facebook bedeutet, dass die Sichtbarkeit von Kommentaren, die ein user auf fb- Präsenzen von externen Seitenbetreibern publiziert – z.B. auf der fb- Präsenz vom Deutschlandfunk (DLF), Zeit Online, ZDF heute, Spiegel Online oder einer anderen Seite – eingeschränkt wird, ohne dass der Verfasser des Kommentars das bemerkt.
1) So kann es vorkommen, dass ein user (und meist oder immer auch seine fb- Freunde) seinen eigenen Kommentar sehen kann, wenn er die Seite aktualisiert oder erneut aufruft, andere fb- user aber, die nicht mit dem Kommentator auf fb befreundet sind, diesen Kommentar nicht sehen können, weil seine Sichtbarkeit eingeschränkt wurde. Technisch gesehen dürfte das so ähnlich funktionieren wie ein Filter zum Zwecke des Jugendschutzes oder wie personalisierte Werbung auf Internetseiten, bei der die Anzeige von Inhalten wie Werbebannern auf Merkmale von Benutzern oder Benutzergruppen abgestimmt wird.
2) Eine weitere Möglichkeit, die Reichweite eines Kommentars einzuschränken, besteht darin, die ‘Relevanzstufe’ des Kommentars zu ändern. Standard ist wohl, dass ein Kommentar in die oberste Relevanzstufe einsortiert wird, dann erscheint er in der Standardeinstellung ‘Relevanteste zuerst’ und der Kommentar ist immer und für alle user sichtbar, solange kein Shadow Ban über ihn verhängt wurde. Kommentare, die aus dieser Relevanz- Kategorie entfernt oder nicht in sie eingeordnet werden, sind nur sichtbar, wenn der Betrachter / user die niedrigere Relevanzstufe ‘Alle Kommentare’ bei sich aufruft.
3) Manche Kommentare werden natürlich auch einfach komplett gelöscht. Dann sieht man sie selbst aber auch nicht mehr und dann sind sie halt gelöscht, aber es liegt kein Shadow Ban vor. Fieser ist es, wenn ein Kommentar shadow gebannt ist und man sich dann wundert, warum kein Mensch darauf reagiert.
4) Es gibt ferner Vermutungen, dass die Sichtbarkeit von einzelnen oder allen posts, also eigenen Beiträgen eines users, willkürlich eingeschränkt werden kann, indem die posts oder der user geringer priorisiert werden bei der von Algorithmen gesteuerten Plazierung seiner Beiträge auf den Startseiten seiner fb- Freunde. Das funktioniert vermutlich so ähnlich wie die De- Priorisierung bzw. Abwertung von Seiten in den Google- Suchergebnissen, unter SEO- Experten (Suchmaschinen- Optimierern) auch als ‘Abstrafung’ von Webseiten im Google- Suchindex gefürchtet.
Nachweis von Shadow Banning
Betreiber Sozialer Netzwerke halten sich mit Aussagen zu dem Phänomen zurück. Bisweilen sprechen sie von ‘Bugs’. Konkret nachweisen lässt sich Shadow Banning (bzw. die Bugs…) in der Regel nur in den Fällen 1) und 2) (s.o.). Man kann das nachprüfen, indem man einen Beitrag, zu dem man einen Kommentar verfasst hat, uneingeloggt oder vom Profil eines anderen users aus aufruft und betrachtet. Allerdings darf man mit diesem ‘anderen user’ nicht auf fb befreundet sein, denn fb- Freunde können den Kommentar ja nach meinen Erfahrungen – meist oder immer – weiterhin sehen. Wenn der Kommentar also uneingeloggt oder vom Profil eines anderen users, mit dem man nicht befreundet ist, gar nicht mehr oder nur in der niedrigen Relevanzstufe sichtbar ist – die man m.W. nur gesondert und temporär einstellen kann (Voreinstellung dafür gibt es wohl gar nicht) – dann wurde der Kommentar komplett oder eingeschränkt ‘in den Schatten gestellt.’
Wer diese Shadow Bans vornehmen kann, ist nicht ganz klar. Ich gehe davon aus, dass es zumindest der Seitenbetreiber willkürlich tun kann, möglicherweise auch das von fb eingesetzte oder beauftragte fb- Kontroll- Team. Ich schätze, dass das shadow banning von Kommentaren auf Seiten von Seitenbetreibern für einzelne Kommentare vorgenommen wird, nicht für den user allgemein. Denn mache Kommentare des users sind weiterhin allgemein sichtbar, andere nicht bzw. nur eingeschränkt. Ich habe auch schon erlebt, dass die Plausibilität ganzer Kommentarstränge beeinträchtigt wird, indem einzelne Unterkommentare daraus gebannt oder gelöscht werden, andere aber stehen bleiben.
Warum Shadow Banning?
Es gibt zwei Hauptgründe für Shadow Banning. Zum einen, um dafür zu sorgen, dass die Informationen oder die Meinungen, die ein user mit seinem Kommentar verbreiten bzw. in eine Debatte einbringen will, nicht oder nur in stark eingeschränktem Umfang verbreitet werden. Der Shadow Ban führt dann dazu, dass der Verfasser des Kommentars glaubt, die Information oder Meinung sei öffentlich zugänglich, obwohl sie das gar nicht ist.
Vor allem aber dient Shadow Banning dazu, den Kommentator zu frustrieren und dazu zu bewegen, sich weniger zu engagieren oder seine Meinung zu ändern. Denn ein Kommentar, über den ein Shadow Ban verhängt wurde, erntet kaum oder sogar überhaupt keine Reaktionen von anderen usern, da er für diese ja gar nicht sichtbar ist. Der Verfasser des Kommentars glaubt aber, der Kommentar sei sichtbar und gewinnt somit den Eindruck, dass seine Information oder Meinung für andere user uninteressant oder irrelevant ist oder dass er mit seiner Meinung alleine dasteht. Er fühlt sich dadurch isoliert und ist dann eher bereit, seine Meinung zu ändern und sich der fälschlicherweise vermuteten Meinung der Mehrheit, des ‘Mainstream’, anzuschließen (Pluralistische Ignoranz). Diese Reaktion beruht auf massenpsychologisch gut untersuchten Phänomenen und Dispostitionen, wie sie in der Theorie der Schweigespirale von Elisabeth Noelle- Neumann beschrieben sind. Stichworte dazu sind ‘Pluralistische Ignoranz’ und ‘Kognitive Dissonanz’, die im Artikel ‘Die Trägheit der Masse’ hier im Blog erläutert werden. Wenn der user hingegen weiß, dass sein Kommentar deshalb keine Reaktionen erhält, weil ihn kaum einer sehen kann, dann muss er nicht an sich selbst zweifeln, sondern wird eher daran zweifeln, ob in Sachen Diskurs- und Meinungsfreiheit alles mit rechten Dingen zugeht.
Shadow Bans werden übrigens nach meiner Erfahrung bevorzugt oder jedenfalls häufig über sachliche, argumentationsstarke und kluge Kommentare, nicht etwa über simple, plumpe, halbseidene oder gar primitive und gehässige verhängt. Die primitiven und gehässigen Kommentare lässt man gerne stehen, weil man ja den Menschen da draußen gerne zeigen möchte, wie dumm, unreflektiert oder unmoralisch diejenigen sind, die mit der jeweiligen politischen oder weltanschaulichen Überzeugung des Seitenbetreibers nicht konform gehen.
Links
Shadow banning ( Wikipedia, gibts dort nicht auf Deutsch! )
Facebook admits it shadow-bans posts (LifeSite)
Was ist ein Shadowban? (Bedeutung Online)
NetzDG, Shadowban und Facebook-Löschung (Politik Digital)
3 Simple Steps To Check If You’re Shadowbanned (Hacker Noon)
Twitter: Es gibt keinen „Shadowban“ (t3n)
Aldous Huxley und die Schöne Neue Welt (Zwiedenk)
“Die wissenschaftlichen Diktatoren der Zukunft werden dabei nach Ansicht Huxleys ihren Willen und ihre Macht nicht mehr mit Gewalt und Terror durchsetzen, sondern zu sanfteren, aber wesentlich effizienteren Methoden der Manipulation von Denken, Fühlen und Bewusstsein auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse greifen…”
Titelbild: Teemu Vehkaoja (TeVe) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons
Weiterlesen: http://schelmenstreich.de/shadow-banning-in-sozialen-netzwerken-und-medien/
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